Komm dreh´ die Musik ganz laut…

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Mit den mittlerweile altbekannten Zeilen beginnt heute Vormittag auch meine „Anreise“ nach Anderten. Vorstellungsgespräch. Persönlich vermittelt, für´s Lager. Welche Aneinanderreihung von Widrigkeiten aber auch grundsätzlich nur an solch wichtigen Tagen auftritt, war schon wieder bemerkenswert. Nötigte mich aber heute bestenfalls zu einem müden Lächeln. Das Gefühl, das mir gerade ganz viele Menschen die Daumen drücken, war heute fast greifbar.

Wie schon fast erwartet fuhr mir der erste Bus davon. Damit die Tour passt (passen sollte!) bin ich also dreißig Minuten später los.
Ein freundlicher Busfahrer erklärte mir, dass er keine Tickets drucken könne. „Bitte beim Umsteigen eins ziehen.“
Als ehemaliger Kontrolleur wäre ich ohnehin nicht auf die Idee gekommen, ohne Ticket in die Bahn zu steigen… Dummerweise brauchte der Automat so lange, bis die erste zehn davonfuhr.
Mit der nächsten Bahn ging es dann endlich Richtung Innenstadt. Zumindest bis zur Ungerstraße. Türschaden. Wir standen erstmal.

Diese leicht erschwerten Bedingungen zogen sich dann auch insgesamt auf den Punkt genau so lange hin, dass ich die S-Bahn noch aus dem Bahnhof rollen sehen konnte.
Also runter von dem zugigen Bahnsteig und rein bei Burger King. Wo es auch vor elf Uhr schon Burger gibt. Was mach ich? Bestelle mir einen Frühstücksburger. Eine kleine Cola dazu. Das Ding war echt lecker. Auch wenn ich über zehn Minuten drauf gewartet hatte. Ist eben ganz frisch zubereitet. So gut wie er war, mehr als die Hälfte war nicht drin, dann war ich voll.

Mit der nächsten S-Bahn ging es dann endlich die letzten drei Stationen Richtung Anderten.
Dort angekommen mein GoogleMaps angeschmissen und mir den Weg zeigen lassen – 800 Meter. Dann los.
„Route wird neu berechnet“ … 900 Meter.
Hm.
Okay.
Andere Richtung wohl…
Mein Handy gab mir dann auch spontan recht und ließ mich an der nächsten Kreuzung rechts abbiegen.
„Route wird neu berechnet“ … 935 Meter.
Nanu? Wieder verkehrt? Zurück Richtung Hauptstraße. Straßenschilder vergleichen. Und feststellen, dass der Kompass manchmal mehr hilft als ein Routenplaner. Als ich dann endlich in die richtige Richtung unterwegs war, schloss sich mir auch mein Handy an. Was ich kurze Zeit später auch ausgeschaltet habe, damit nicht plötzlich mitten im Gespräch ein „Sie haben ihr Ziel erreicht“ aus meiner Jacke kommt.

Und selbst Helene hätte mir hinter den Türen wohl kaum noch helfen können. Aber immerhin bin ich gut gelaunt – und wie soll ich das ausdrücken? „Siegessicher“? – angekommen. Unserem Lenchen und ganz vielen gedrückten Daumen sei Dank.

Was folgte war ein kurzer Gang durch die Hallen mit einem vom Handball bekannten Gesicht. Und schließlich das Gespräch in der Chefetage. Sehr entspannt, freundlich, fast familiär. Die Vorstellungen beider Seiten zeigten sich schnell als ziemlich identisch. Einziger Haken ist gewesen, dass mein eigentlicher Ansprechpartner noch auswärts unterwegs gewesen ist. So blieb mir nichts anderes übrig, als mit einem sehr guten Gefühl aber auf einen Anruf wartend den Heimweg antreten konnte.
Meine Bewerbungsunterlagen habe ich übrigens erst zum Schluss rausgeholt, da ich schon bemerkt hatte, dass da war mit der Firma in der Anschrift nicht stimmen konnte. Allerdings habe ich soviel Zeit in die neuen Bewerbungen gesteckt, dass ich sie nun auch abgeben wollte. Also hab ich in meiner lockeren, ehrlichen Art gesagt, was Sache ist. Und mein Gegenüber musste Lachen. Die Firma MDL war bis vor sechs Monaten noch in dem Gebäude – jetzt ist es die MLD… Das Internet spuckt leider nur Daten zur MDL aus unter der Adresse… Er hat´s mit Humor genommen: „Bei dem, was wir an Bewerbungen hier sehen, ist das nun wirklich das kleinste Problem.“

Deswegen und aus vielen anderen Gründen finde ich diese schriftlichen Bewerbungsverfahren höchstens noch für Großunternehmen passend. Zeitgemäß sind sie schon lange nicht mehr. Außerdem kann ich natürlich im persönlichen Gespräch meine Stärken ausspielen. 🙂

Die Rückfahrt verlief dann ähnlich der Anreise.
Die S-Bahn war gerade weg, also dreißig Minuten auf dem zugigen, eiskalten Bahnsteig verbringen. Immerhin habe ich zehn davon schon gebraucht, um aus dem DB-Fahrkartenautomaten ein Einzelticket zu bekommen. Halb gefroren durfte ich schließlich irgendwann die drei Stationen Richtung Hannover Hbf fahren. Und muss sagen, dass es immer wieder ein schönes Gefühl, durch meine Stadt in diesen Bahnhof einzurollen.
Gleis 14. Gleich am Ausgang zum ZOB.
Wo ich auch gleich den 700er an mir vorbeifahren sehen durfte.
Der nächste in 14 Minuten. Laut Anzeige. Es waren dann zwanzig.
Steifgefroren und mit Eiszapfen vor der Nase kam aber doch noch die Erlösung. Und ich hatte einen Sitzplatz. Zwei Haltestellen später glich die Situation im Bus ungefähr den Bildern, die wir von den Flüchtlingsbooten im Mittelmeer kennen. Genaugenommen waren sogar die Leute ziemlich ähnlich…

Aber irgendwann war ich dann doch zuhause und hab mich erstmal zwischen Heizung und Wand gedrückt um abzutauen.

… und warten auf den Anruf.
Aber WARTEN kann ich ja seit letztem Jahr entspannter als jeder andere… ^^

Und um nochmal kurz auf das Horoskop von heute zurückzukommen: der Tag hat es also mal wirklich in sich! Langweilig geht anders! Läuft das bei Euch auch so?

So… 🙂

Eigentlich würde hier jetzt stehen: „Tausend Dank nochmal für´s Daumendrücken!!! Warten wir gemeinsam auf den Anruf… Euer Tobi“ 🙂

Eigentlich… 🙂

Ahnt Ihr was? 🙂

Ich war gerade auf dem Rad unterwegs, weil mein Vater irgendwie nicht vom Zahnarzt wiederkommt.
Genau in den fünf Minuten bimmelte natürlich das Handy… Als ich dann soweit war, das Gespräch anzunehmen, ging auch schon die Mailbox ran. Beim Abhören war ich dann so hibbelig, dass ich den entscheidenden Anruf übersprungen habe. Also nochmal an die alten Nachrichten.
Irgendwann hatte ich dann die heutige Nachricht.
„Herr Thilo, rufen sie doch mal bitte kurz zurück.“

Tief Luft geholt.
Sollte sich tatsächlich schon an Tag 7 des neuen Jahres das erste Problem erledigt haben?
Bringt das wirklich so viel, die wichtigsten Wünsche auf die Silvesterraketen zu schreiben?
Zum Überleben hätte ich doch schon einen Job in der Tasche…
Sollte es wirklich mal ein Sahnehäubchen oben drauf geben?
Das kann ich nicht wirklich glauben.

Und angerufen.

„Thilo. Hallo, ich saß gerade auf dem Fahrrad und bis ich das Handy in der Hand hatte, war dann die Mailbox dran.“

„Oh. Ich dachte, sie seien mit dem Zug hier gewesen!?“

„Das bin ich ja auch. Bei dem Wetter wäre es dann von Ahlem nach Anderten doch etwas weit…“

„Ich bin ja auch begeisterter Radfahrer… Aber bei dem Wetter, da gebe ich ihnen Recht.
Herr Thilo, was ich fragen wollte: wie spontan sind sie?“
Während meine Körperfunktionen schon mal schnell auf Alarmeinstellungen gehen, ich müsste lügen: hatte ich Herzrasen oder -aussetzer? Ich könnte es nicht mit Sicherheit sagen. Aber aufgrund der felsenfesten Überzeugung, dass heute nichts schiefgehen kann, bereiteten sich meine Gesichtsmuskeln eher auf das Grinsen des Jahres vor. Warmgemacht hatten sie sich schon gleich nach Verlassen der Firma.

„Morgen um 12 Uhr? Wäre das möglich?“
Es folgt der lauteste stumme Aufschrei aller Zeiten.
„Aber bitte gerne.“

Viele Bilder schossen mir in diesem Moment durch den Kopf.
Von den Menschen, die mich in den letzten eineinhalb Jahren begleitet haben.
Viele von denen haben heute an mich gedacht oder im wahrsten Sinne des Wortes die Daumen gedrückt. Die zahllosen Nachrichten, die mich nach Einschalten des Handys erreichten, sprechen Bände.
Meine Engel aus Lipperland. Besonders Engel Nummer 2 kam mir in den Sinn: „Ich weiß nicht, worauf Du wartest. MACH doch einfach! Das klappt schon.“
Meine Eltern, die mich wirklich bis auf´s letzte Hemd über Wasser gehalten haben.
Und nicht zuletzt die „Heulsuse auf Linksaußen“. Florian, einer der Typen aus der geilsten Handballmannschaft aller Zeiten. Er hatte das ganze kurzfristig angeleiert und dann ging alles innerhalb von nicht einmal vierundzwanzig Stunden.
Aber das, was mich irgendwie am meisten berührt hat war der Satz, den gewöhnlicher Weise ich zu anderen sage: „Wofür sind Freunde denn da!?“

Ich kann guten Gewissens behaupten: DAS hab´ ich mir jetzt aber auch verdient! Und mit Weisheiten prahlen wie „Das Glück kommt zu dem, der warten kann.“ (hab ich benutzt, bis ich meine erste Freundin hatte) „Jeder ist seines Glückes Schmied.“ „Glück kann man sich erarbeiten.“ … Und so weiter. Da fallen mir jetzt noch weitere ein, aber der Gedankengang bleibt der gleiche. „Nicht aufgeben“ ist die Devise! Und wenn´s mir doch mal schwer fällt, weiß ich, dass meine Freunde für mich da sind!

Eure Gedanken an mich und Euer Glaube an mich, hat mich heute ganz locker durch den Tag getragen. Und am Ende für eine – man kann es fast so nennen – Sensation gesorgt. IHR SEID SCHULD! 🙂

Und nun hoch die Tassen! Morgen um 12 Uhr fange ich an!

Übrigens läuft – natürlich – gerade ganz zufällig Helene, das Stadionkonzert. Und das ganz, ganz laut…

YIHAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA

Eine Antwort

  1. Tobias Thilo

    Es ist noch nicht lange her… Da waren genau 555 Tage vorbei, als meine Arbeitsunfähigkeit endete.
    Und dann ist es schon Tag 576 an dem ich den bisher bestbezahltesten Job meines Lebens antrete.
    Wenn das Jahr in dem Tempo weitergeht… Hui…