Dann sollten wir mal Telefonnummern tauschen
Es lässt sich erahnen: das Warten auf diesen Mittwoch hat sich gelohnt.
Aber der Reihe nach.
… Auch ein letzter Hechtsprung ging ins Leere, außer ein paar weißen Haaren hatte ich nichts in der Hand und so stürzte meine zweite Katze vom Balkon. Die Zeit, die ich benötigte um in den Garten zu kommen war so verschwindend gering, als wäre ich gleich selber über die Brüstung gegangen.
Unten angekommen riss mir jemand das Herz aus dem Leib.
Pascha, alle Viere von sich gestreckt, lag auf der Seite. Kein Atemzug mehr bewegte seinen Körper. Daneben Filou. Ungleichmäßige rasselnde Atemzüge. Ganz vorsichtig nehme ich in in die Arme. Dann schwindet das Leben auch aus dem zweiten treuen Begleiter der letzten elf Jahre. Die Welt bleibt stehen. Fassungslos und leer starre ich auf die beiden langen Weggefährten, die ich nun für immer gehen lassen muss.
Gott sei dank holte mich dann der Wecker aus diesem grausamen Traum.
Ein Blick auf´s Handy verriet mir: kurz vor mittag.
Ein zweiter Blick fiel auf eine Nachricht eines alten Freundes. Ob er heute hier schlafen könne. Stress im Paradies. Mal vorsichtig ausgedrückt. Noch völlig unter dem Eindruck meiner gerade verschiedenen Haustiere, gab´s erstmal eine satte Abfuhr. Diese wurde aber gleich von mir revidiert, als ich eine Minute später halbwegs bei klarem Verstand gewesen bin. Wäre ja nun auch wirklich nicht meine Art. Ich musste nur erst einmal wach werden.
Nach einigem hin und her entschied er dann, doch aber erst morgen früh vorbei zu kommen. Ich bin ja aller Voraussicht nach ohnehin hier, außer zum Tanzen heute Abend. Also alles relativ locker.
Vorsichtshalber habe ich trotzdem die Wohnung halbwegs auf Vordermann gebracht.
Anschließend kurz das Nötigste einkaufen, die Kasse ist immer noch knapp, aber Besserung bekanntlich in Sicht.
Die Zeit wurde langsam lang. Um 19.30 Uhr ist Tanzen angesagt und ich habe natürlich auf nicht´s mehr gehofft, als mit dieser netten, sympathischen, rotblonden Dame vielleicht wieder ein paar Schritte wechseln zu können. Auch wenn ich ja schon wusste, dass meine Person heute für eine gewisse Bärbel, nette Journalistin reserviert ist. Mittwoch war bisher immer spaßig – alle anderen Tage auch, aber wahrscheinlich sehe ich das seit letzter Woche ohnehin ein wenig subjektiv.
Nach unendlich langer Zeit, war des dann endlich 19 Uhr. Ab zum Tanzen.
In der Tanzschule angekommen, ließ ich meinen Blick erstmal schweifen und fand Kati an einem Tisch. Die nette Dame, mit der ich mich letzte Woche nach der Tanzschule noch unterhalten hatte. Sie hatte gleich weitere Vermarktungsideen für mein Buch, Kontakt zu Psychologen und wie sich das angehört hat auch zu der einen oder anderen Klinik. Schön, solche Leute kennenzulernen. Ich gab ihr selbstredend freie Hand, weiter Werbung für mein Buch zu machen.
Dann ging´s los. Winfried hatte mich schon oben erwähnter Bärbel zugeteilt, so dass ich auch Kati erst einmal stehen lassen musste. Ein wenig problematisch stellte sich dann die Tatsache heraus, dass die Gruppe heute extrem weit auseinander lag. Während einige Paare um uns herumwirbelten, mühten wir uns noch mit dem Grundschritt im Walzer ab. Dann im Tango und im Cha-cha. Völlig überfordert mit dem schnellen Takt, habe ich dann immer wieder beschlossen, erstmal im eigenen Rhythmus den Grundschritt zu üben. Alles andere war aussichtslos.
Einige Minuten nach Beginn unseres Kurses, stieß dann auch dieses bezaubernde Wesen von letzter Woche mit ihrem Tanzpartner dazu. Wie ich später erfuhr, musste er eher los, deswegen sind die beiden schon eher gekommen. Was gleichbedeutend damit war, dass sie irgendwann zur Zuschauerin degradiert worden ist. Trotzdem dauerte es nicht lange, bis sich unsere Blicke begegneten. Hmmm… Ja, da war es wieder dieses gute Gefühl. 🙂
In der Pause, wir saßen wieder an zwei verschiedenen Tischgruppen, aber sozusagen Schulter an Schulter, sind wir dann ins Gespräch gekommen. Und einige Minuten später hingen wir über die Lehnen hinweg aufgestützt voreinander und haben geredet. Dabei entstand die Planung, doch mal sonntags zum „freien Tanzen“ zu kommen. Nachdem ich schon einen kleinen Seitenhieb bekommen hatte, dass ich ja einfach mit einer anderen tanzen würde. Durch den Feiertag ist die Tanzschule Donnerstag und Freitag geschlossen, Sonntag aber offen.
Der zweite Teil des Abends sah dann wie folgt aus: ich weiterhin stets sehr bemüht, meine Kenntnisse an die Frau zu bringen, sie am Rand sitzend, ein Dauergrinsen auf dem Gesicht. Spätestens dann, wenn sich unsere Blicke trafen, war ich auch raus aus dem Takt.
Schon während der Pause beschlossen, baten wir Winfried noch darum, einen langsamen Walzer hinterher tanzen zu dürfen. Leider war ausgerechnet heute keine Zeit dafür, da Winfried hinterher schnell abschließen musste. Oh man, was für ein Pech!
Allerdings hatte dies zur Folge, dass wir uns ja jetzt wegen Sonntag einigen mussten. Dass wir beide Zeit haben würden, hatten wir vorher schon geklärt. Auf dem gemeinsamen Weg aus dem Tanzsaal, ich die entsprechende Frage schon auf den Lippen, nahm sie mir das ab. „Dann sollten wir mal Telefonnummern tauschen. So können wir wegen Sonntag nochmal sprechen oder falls irgendwas dazwischen kommen sollte.“
Ihr wisst was jetzt kommt: hätte ich keine Ohren, wäre die obere Kopfhälfte abgefallen vor lauter Grinsen.
Sie schrieb mir dann über WhatsApp. „So, jetzt hast Du meine Nummer.“
Mit einem Blick auf´s Handy bestätigte ich: „Ja, jetzt hasse ich dich.“
„Wie, Du hasst mich??“ Trauriger Blick.
„Neeiiiin. So war das doch nicht gemeint.“ Dicke Umarmung.
Manchmal kommt eben doch das Kind in einem durch.
Während sie und ihre Leute unten warteten, bin ich nochmal hoch, fragen, wann das denn sonntags überhaut anfängt. 18.15 Uhr. Okay.
Wieder unten gingen wir dann gemeinsam noch ein Stück bis zur nächsten Kreuzung, dann sind die vier abgebogen, wollten noch etwas trinken gehen. Ich bin geradeaus Richtung Auto.
Nach langer Zeit mal wieder mit einem ins Gesicht gebügelten Grinsen. Das anhält.
Könnt Ihr Euch vorstellen, wie ich mich auf Sonntag freue?!?
Schönen Abend zusammen, Euer Tobi